Ein Weg zu emotionalem Gleichgewicht und innerer Heilung
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Kennst du diese Alltagsmomente die alles aus dem Gleichgewicht bringen. Kennst du auch das Gefühl, wenn bestimmte Worte oder Situationen plötzlich alte, schmerzhafte Erinnerungen wachrufen? Das kann sich anfühlen, als entgleite dir dein innerer Frieden und du fühlst dich instabil. Vielleicht bist du manchmal auch müde, weil du in oder nach solchen Momenten nur wenig Fortschritt auf dem Weg zur Selbstverbindung siehst. Es kann sogar wie ein Rückschritt erscheinen, wenn unsere Muster „übernehmen”.
Wie gehst du damit um, wenn dein emotionales Gleichgewicht ins Wanken gerät und du auf Momente stärker reagierst, als du im Nachhinein oder vielleicht auch schon im Moment selbst angemessen findest? Nimm dir einen Moment Zeit um dieser Frage nachzugehen.
Selbstresonanz
In diesem Seefunk knüpfen wir an den Februar-Seefunk an und erweitern die Verbindungsoption Selbstempathie um den Ansatz der Selbstresonanz von Sarah Peyton. Dieser verbindet Erkenntnisse aus Neurowissenschaft, Achtsamkeitspraxis und Gewaltfreier Kommunikation und bietet wertvolle Blickwinkel und Werkzeuge, um die Beziehung zu uns selbst zu stärken und emotionale Heilung zu fördern. Peytons Theorie und Alltagsbeispiele geben dir hilfreiche Impulse, dich selbst besser kennen zu lernen und in herausfordernden Momenten schneller wieder ins Gleichgewicht zu kommen. So erweiterst du deine Fähigkeiten dich selbst einfühlsam zu unterstützen und zu halten.
Schutzstrategien für Auslöser-Momente
Im Laufe unseres Lebens werden wir alle immer wieder mit Situationen konfrontiert, die uns überfordern, die unser emotionales Gleichgewicht durcheinanderbringen und unseren Körper dauerhaft in Alarmbereitschaft versetzen. Bereiche unseres Gehirns, die Erinnerungen und klare Gedanken steuern, können durch solche Erfahrungen beeinträchtigt sein und unsere Fähigkeit zur Verarbeitung von Gefühlen einschränken.
Um uns vor diesen überwältigenden Gefühlen zu bewahren, entwickelt das Gehirn verschiedene Schutzstrategien – diese können sehr unterschiedlich ausfallen. Manche Menschen spalten sich innerlich ab und nehmen ihre Emotionen kaum noch wahr. Andere vermeiden bestimmte Situationen oder Gespräche, die als Auslöser wirken könnten. Auch eine emotionale Überflutung, bei der Gefühle intensiv und unkontrolliert erlebt werden, um Druck abzubauen, ist eine mögliche Reaktion.
Diese Strategien beeinträchtigen die harmonische Zusammenarbeit unserer Gehirnhälften und führen dazu, dass wir uns ablenken und den Zugang zu unseren inneren Prozessen verlieren.
Unsere Schutzmechanismen bewahren uns zwar vor schmerzhaften Emotionen, mit denen wir nur schwer umgehen können. Zugleich verhindern sie jedoch, dass wir mit unserem wahren Erleben in Resonanz gehen. Damit ist gemeint, dass wir nicht mit dem in Kontakt kommen, was wir körperlich spüren, was wir fühlen und was wir brauchen.
Ein Beispiel ist der Rückzug in übermäßige Aktivität: exzessiver Sport, eine Wohnung, die immer perfekt aufgeräumt ist, oder ein streng durchgeplanter Tagesablauf. Alles wird organisiert, damit keine Zeit bleibt, sich mit belastenden Gefühlen auseinanderzusetzen. Der Konsum von Alkohol oder Essen als Belohnung ist ebenfalls verbreitet. Süßigkeiten werden zu einem Trostspender, um schwierige Gefühle zu vermeiden.
Ablenkung ist häufig ein Thema: Stundenlanges Scrollen durch Social Media, intensives Gaming, das Konsumieren von Medien wie Serien oder Podcasts – all das dient dazu, unangenehme Gedanken zu verdrängen. Dazu zählt auch das ständige Planen von Freizeitaktivitäten wie Sport oder Reisen, zahlreiche Verabredungen oder übermäßiges Arbeiten. All dies kann dazu führen, dass wir uns von unseren Gefühlen abgeschnitten fühlen. Oder dass wir nur schwer ausdrücken können, wie es uns wirklich geht. Oft fühlt es sich an, als wären wir innerlich taub oder müssten allein zurechtkommen.
„Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren,
schmerzlicher wurde als das Risiko zu blühen.“ Anaïs Nin
Schutzstrategien
Die Schutzstrategien können kurzfristig entlasten, aber auf Dauer verhindern sie, dass wir uns mit den Ursachen unserer Emotionen auseinandersetzen und nachhaltige Heilung finden. Ein Weg heraus ist, uns bewusst mit diesen Erlebnissen auseinanderzusetzen und langsam wieder Fähigkeiten aufzubauen, die uns dabei helfen, die eigenen Gefühle zu verstehen, sie zuzulassen, kennen zu lernen und zu fühlen.
Ruhezustandsnetzwerk aktivieren und Selbstresonanz entdecken
Peytons Ansatz der Selbstresonanz hilft uns, unsere Schutzstrategien zu erkennen und behutsam zu verändern. Indem wir lange unterdrückte Emotionen zulassen und fühlen, können wir unsere zugrundeliegenden Bedürfnisse verstehen und uns ihnen zuwenden.
Ein zentraler Baustein von Peytons Ansatz ist das sogenannte Ruhezustandsnetzwerk im Gehirn. Dieses Netzwerk aktiviert sich, wenn wir nicht auf äußere Reize fokussiert sind – etwa in Momenten der Ruhe und dem zugewandten Sein mit uns Selbst. Es spielt eine Schlüsselrolle für die:den resonierende:n Selbstbeobachter:in, die Fähigkeit, uns selbst wahrzunehmen und zu verstehen. In der Selbstresonanz wird das Ruhezustandsnetzwerk gezielt genutzt, um die Verbindung zu den eigenen Gefühlen zu stärken und emotionale Balance zu finden.
Mit Selbstresonanz die eigenen Gefühle halten
Emotionen wie Wut und Angst, die oft als schwierig oder überwältigend empfunden werden, haben in Peytons Ansatz einen besonderen Platz. Anstatt sie zu unterdrücken oder zu bekämpfen, lädt sie uns ein, diesen Emotionen mit Wärme und Mitgefühl zu begegnen. Diese Haltung fördert nicht nur die Heilung alter emotionaler Verletzungen, sondern auch das Verständnis dafür, wie diese Gefühle Schutzfunktionen erfüllen.
Atem als Anker entdecken
Ein weiteres zentrales Konzept in Peytons Arbeit ist die Integration beider Hirnhälften. Indem die linke, analytische Hemisphäre und die rechte, emotionale Hemisphäre miteinander in Einklang gebracht werden, entsteht eine tiefere Verbindung zwischen Verstand und Gefühl. Die Praxis der Atemmeditation unterstützt diesen Prozess: Der Atem dient als Anker, um sowohl körperliche Entspannung als auch emotionale Klärung zu fördern. In stressigen Momenten kann uns der bewusste Atem zurück in die eigene Mitte führen und uns helfen, schwierige Emotionen zu halten und zu verarbeiten.
Hier findest du die Basis Atemmeditation von Sarah Peyton, sowie weitere Meditationen als kostenfreien Download des Junfermann-Verlages und eine Atemmeditation mit der Viereckatmung von Isabelle Montaleone von Atmashanti Yoga
Theorie meets Alltag
Wie kann diese Theorie in der Praxis aussehen? Stellen wir uns vor, Runa, eine berufstätige Mutter, hat einen stressigen Tag hinter sich. Ihr Kind hat eine schlechte Note bekommen, es gab Konflikte am Arbeitsplatz, und obendrein hat sie vergessen, für das Abendessen einzukaufen. Runa spürt eine aufkeimende Wut – auf sich selbst, ihre Situation und ihr Kind.
Anstatt diese Wut zu unterdrücken oder sich schuldig zu fühlen, könnte Runa sich selbst mit Resonanz zuwenden. Sie setzt sich für ein paar Minuten hin und richtet ihre Aufmerksamkeit bewusst auf ihren Atem. Mit jedem Ein- und Ausatmen bringt sie ihren Fokus ins Hier und Jetzt. Anschließend nutzt sie ihr Ruhezustandsnetzwerk und lädt ihre wohlwollende Selbstbeobachterin ein, um sich selbst zu fragen: „Was empfinde ich gerade? Wo spüre ich die Wut in meinem Körper?“
Die wohlwollende Selbstbeobachterin könnte sie dabei unterstützen, mitfühlend mit sich selbst in Kontakt zu bleiben und weiter zu fragen: „Was braucht diese Wut von mir?“ Vielleicht erkennt Runa dadurch, dass die Wut Ausdruck ihrer Erschöpfung ist. Sie erinnert sich daran, dass Wut ein Signal für unerfüllte Bedürfnisse ist und sie kann sie als Unterstützerin wahrnehmen und nicht als bedrohlich oder beschämend. Dann kann sie Bedürfnisse wie Ruhe, Unterstützung oder Leichtigkeit erkennen, die in Verbindung mit ihrer Wut stehen. Runa integriert dabei ihre Hirnhälften: Sie benennt rational ihre Gefühle und nimmt gleichzeitig ihre körperliche und emotionale Ebene wahr. Spürt, nimmt sich Zeit, gibt der Wut Raum.
Durch diesen Prozess ermöglicht Runa sich selbst Empathie. Sie könnte sich leise sagen: „Es ist okay, müde und überfordert zu sein. Ich mache das Beste, was ich kann.“ Diese Worte wirken beruhigend, bringen Wärme ins emotionale Erleben und reduzieren die innere Spannung. Mit neuer Klarheit entscheidet sie, dass das Abendessen heute einfach und unkompliziert sein darf. Gleichzeitig erkennt sie, wie wichtig es ist, sich in Zukunft mehr Zeit für ihre eigenen Bedürfnisse einzuplanen.
Ein zweites Beispiel: Alvin, ein Marketingmanager, steht vor einer Präsentation, die ihm viel abverlangt. Sein Chef hat hohe Erwartungen, und der Druck, perfekte Ergebnisse zu liefern, wächst von Tag zu Tag. Kurz vor der Präsentation spürt Alvin, wie sich eine innere Unruhe und Angst breitmachen. Er fragt sich, ob er wirklich alles richtig vorbereitet hat, und hat Sorge, zu versagen. Körperlich machen sich Anzeichen von Stress bemerkbar: sein Herz rast, seine Hände zittern und er hat das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
In diesem Moment könnte Alvin die Prinzipien der Selbstresonanz nutzen, um sich zu zentrieren und seinen inneren Zustand zu regulieren. Er zieht sich in einen ruhigen Raum zurück, um für ein paar Minuten eine Atemmeditation zu machen. Indem er seinen Atem bewusst wahrnimmt – das sanfte Einströmen und Ausströmen – beginnt er, seinen Körper zu beruhigen. Dabei aktiviert er sein Ruhezustandsnetzwerk und schafft Raum für seinen wohlwollenden Selbstbeobachter. Dieser könnte ihn in diesem Moment einladen sich zu fragen: „Was fühle ich gerade? Wo spüre ich die Angst in meinem Körper?“
Alvin bemerkt, dass seine Angst eigentlich tiefere Bedürfnisse kommuniziert – etwa den Wunsch, Anerkennung zu finden und sich kompetent zu fühlen. Er erlaubt sich, diese Emotionen nicht zu verdrängen, sondern ihnen Wärme und Mitgefühl entgegenzubringen. Mit der Haltung der Selbstresonanz spricht er innerlich zu sich selbst: „Es ist okay, nervös zu sein. Diese Präsentation bedeutet mir viel, und meine Emotionen sind ein Zeichen dafür, wie sehr ich mich engagieren möchte.“ Er integriert dabei seine beiden Hirnhälften, indem er einerseits rational die Situation analysiert („Ich habe mich gut vorbereitet“) und gleichzeitig die körperlichen und emotionalen Empfindungen bewusst wahrnimmt.
Nach dieser kurzen Selbstresonanz-Übung fühlt sich Alvin zentrierter und ausgeglichener. Sein Atem ist ruhiger, und er geht mit einem gestärkten Selbstbewusstsein in den Präsentationsraum. Er weiß, dass er nicht perfekt sein muss, sondern authentisch und mitfühlend mit sich selbst umgehen kann. Diese Einstellung hilft ihm, in einer herausfordernden Situation emotional präsent zu bleiben und seinen eigenen Ressourcen zu vertrauen.
Eine Einladung zur Heilung
Sarah Peytons Ansatz der Selbstresonanz zeigt, dass Heilung und emotionales Gleichgewicht durch die bewusste Arbeit mit uns selbst und unserem inneren Ruhezustandsnetzwerk möglich sind. Heilung bedeutet hier, dass die Schutzsysteme nicht mehr ständig aktiv sein müssen, weil sich das Nervensystem sicher fühlt. Das heißt jedoch nicht, dass schwierige Gefühle nie wieder auftauchen. Vielmehr bedeutet es, dass wir mit ihnen in Beziehung bleiben können, ohne uns zu verlieren oder zu überfordern.
Dieser Ansatz ist eine Einladung, unsere Beziehung zu uns selbst zu stärken, das Risiko einzugehen, aus der Knospe aufzublühen und neue Wege der Selbstfürsorge zu entdecken. Mit jedem bewussten Atemzug können wir lernen, uns selbst mit Empathie zu sehen und zu halten. Je mehr wir eine Vorstellung von unser:em resonierenden Selbstbeobachter:in entwickeln und ihm:ihr eine Gestalt, eine Stimme, eine Farbe, einen bestimmten Geruch usw. geben, desto mehr können wir uns in akuten Momenten selbst in unserem Inneren einen gehaltenen, empathischen Raum eröffnen.
Gerade zu Beginn dieser Praxis ist Selbstresonanz oft erst im Nachhinein möglich – nach einem herausfordernden Moment, wenn wir in Ruhe reflektieren können. Mit zunehmender Übung wird es jedoch leichter, diese Form der Selbstempathie auch in akuten Alltagssituationen anzuwenden.
Eine Übungsgruppe, wie die See-Zeit in der gegenseitige Unterstützung gegeben wird, könnte dabei helfen, Resonanz zu erfahren und uns sicher genug zu fühlen, um Emotionen zuzulassen und den dahinter liegenden Bedürfnissen Raum zu geben. Auch ein empathisches Coaching bietet hierfür einen geschützten Rahmen. So wird ein behutsamer Einstieg ermöglicht, der Vertrauen schafft und den Zugang zu tieferen Prozessen öffnet. So wird der Weg zu innerer Freiheit und Heilung Stück für Stück erfahrbar.
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Quelle zum Artikel und zur weiteren inhaltlichen Vertiefung:
Sarah Peyton: Selbstresonanz. Im Einklang mit sich und seinem Leben
Erkenntnisse aus Neurobiologie, GFK und Traumaforschung, Junfermann Verlag
Was bewegt dich gerade? Vielleicht sprechen wir genau darüber! Der nächste Seefunk geht jetzt ins Entstehen – und wer weiß, vielleicht trifft er genau das, was dich gerade beschäftigt. Sei gespannt oder schreibe mir deine Ideen…
Herzlichen Gruß zu dir, Sabine Dieterle