„Nervige“ Menschen

seefunk-Beitrag „NERVIGE“ Menschen als Podcast – wir wünschen Inspiration und Sinnhaftigkeit beim Anhören:

Lesezeit: 6 min

Wer kennt das nicht? Es gibt Menschen, die nerven. Das können Menschen sein, mit denen wir zusammenleben, Kolleg*innen, Nachbar*innen oder manchmal auch Menschen, denen wir nur ganz kurz begegnen, z.B. weil wir mit ihnen im selben Zugabteil sitzen.

Diese Menschen tun etwas, was uns nervt. Vielleicht nur ein ganz kleines bisschen oder vielleicht auch ganz fürchterlich und schon seit vielen Jahren.

Diese Genervtsein möchten wir heute mal genauer anschauen und dabei die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation zu Hilfe nehmen.

Erster Schritt Beobachtung: Was genau macht denn das Gegenüber? Welche Handlungen nerven mich genau? Und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin: Tut mein Gegenüber das, was mich nervt auch tatsächlich alles oder findet manches davon vielleicht auch in meinem Kopf statt? Welche Gedanken habe ich über mein Gegenüber? Und welche Handlungen finden wirklich statt?

Zweiter Schritt Gefühle: Ich bin genervt. Und was noch? Welche Gefühle sind da noch da? Ärgere ich mich? Bin ich unsicher oder besorgt? Gestresst? Empfinde ich Ekel? Oder bin ich überrascht? Wo in meinem Körper spüre ich dieses Gefühl bzw. diese Gefühle?

Dritter Schritt Bedürfnisse: Das Spannende an den Bedürfnissen ist, dass sie klarmachen, dass mein Genervtsein zwar von meinem Gegenüber ausgelöst wird, aber deswegen in mir ist, weil ich Bedürfnisse habe, die nicht erfüllt sind. Hier mal ein paar Beispiele:

Meine Kinder zappeln beim Essen auf ihrem Stuhl herum. Ich bin genervt, vielleicht auch unruhig oder müde, weil ich mir Ruhe wünsche.
Auslöser: zappelnde Kinder
Bedürfnis: Ruhe

Der Mann im Zug wettert lautstark gegen Ausländer. Ich bin genervt, vielleicht auch aufgebracht oder wütend, weil mir Gleichwertigkeit und Respekt wichtig sind.
Auslöser: lauter Mann
Bedürfnisse: Gleichwertigkeit, Respekt

Marshall Rosenberg sagte: „Ärger zeigt mir zwei Dinge: Ich hätte gern etwas, was ich nicht bekomme, und gebe jemand anderem die Schuld dafür.“

Dass und warum ich genervt bin, liegt also nicht ursächlich an meinem Gegenüber, sondern daran, dass ich Bedürfnisse habe, die in dieser Situation nicht erfüllt sind. Und das ist eine gute Nachricht! Denn wenn nicht mein Gegenüber, sondern meine unerfüllten Bedürfnisse die Ursache für mein Genervtsein sind, dann kann ich selbst, ganz aktiv etwas dagegen tun! Ich kann die Verantwortung dafür übernehmen, dass meine Bedürfnisse erfüllt werden und bin nicht abhängig davon, dass andere Personen etwas tun oder lassen.

Marshall Rosenberg sagte: „Du kannst Dich jeder Zeit entscheiden, wie Du die Worte Deines Gegenübers [und das was andere tun] aufnimmst, die Macht liegt bei Dir.“

Vierter Schritt Bitte: Was kann ich also tun, damit meine Bedürfnisse erfüllt werden? Ich kann eine Bitte stellen. An mein Gegenüber oder auch an mich selbst:

Ich kann meine Kinder bitten, die Füße unter dem Stuhl und das Gesäß auf der Sitzfläche des Stuhls zu halten. Achtung: Wir bitten oft darum, dass unser Gegenüber mit etwas aufhört. Effektvoller ist es, eine positive Bitte zustellen, also wie in diesem Beispiel ganz konkret und positiv zu formulieren, was wir uns wünschen.

Oder ich kann mich selbst bitten, nach dem Essen mit den Kindern für 10 Minuten mit geschlossenen Augen auf das Sofa zu sitzen, um zur Ruhe zu kommen.

Und der Mann im Zug? Welche Bitte könnte ich an ihn oder auch an mich selbst richten?

Marshall Rosenberg sagte dazu: „Wenn wir unsere Bedürfnisse aussprechen, steigt die Chance, dass unsere Bitten erfüllt werden.“

Für die eigenen Bedürfnisse einstehen ist nicht immer einfach und erfordert oft auch Mut.

Mit diesem Mut ins Tun zu kommen für die eigenen Bedürfnisse, das wünschen wir dir und uns immer wieder neu.

Herzliche Grüße

Daniela Bauer & Sabine Dieterle

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